Zeitenwende….auch beim Haushalt 2023
Ausgleich unter schwierigen Bedingungen

Der von Bundeskanzler Scholz geprägte und von der Gesellschaft der Deutschen Sprache zum Wort des Jahres 2022 gekürte Begriff der „Zeitenwende“ kann auch im Zusammenhang mit dem in der letzten Ratssitzung und damit erst Mitte Januar beschlossenen Haushalt 2023 der Ortsgemeinde Nievern gesehen werden. Noch nie lagen die für einen kommunalen Haushalt geltenden Berechnungsgrundlagen so spät vor. Auch das Haushaltsrundschreiben des Landes, eigentlich in jedem Jahr die Basis für die anstehenden Haushaltsplanungen, ließ lange auf sich warten. Zudem führten die Forderungen der Kommunalaufsicht an die Gemeinden, basierend auf dem Druck des Finanz- und des Innenministeriums, „ihren Haushalt“ in Ergebnis- und Finanzhaushalt ausgleichen zu müssen, zu einer mehr als intensiven Beschäftigung für Verbandsgemeinde und Rat mit dem Plan. Wie ein „Mantra“ schwebte dabei das Gebot des Haushaltsausgleichs über der eigens eingerichteten Haushaltskommission mit dem Credo: „Wo kein Ausgleich, da keine Genehmigung!“. Allerdings tun sich Land, Ministerium und auch die Kommunalaufsicht schwer, den Gemeinden – außer den jährlich wiederkehrenden Allgemeinplätzen – reale und vor allem umsetzbare Empfehlungen an die Hand zu geben wie denn nun dieses „Wunder des Ausgleichs“ bei seit Jahren defizitären Haushalten zu erreichen ist, zumal sich Letzterer selbst ja durch die Erhöhung der Kreisumlage auf stolze 45 Prozent „bei denen da unten“ bedienen kann. Dabei sei jedoch so gleich betont, dass auch der Kreis in der kommunalen Familie sicherlich „am Tropf“ hängt. Zu viele soziale Aufgaben, zu wenig Geld.

 Zu viele Steuereinnahmen – keine Schlüsselzuweisung A

Da wir ja auch die Verbandsgemeinde mit 34,5 Prozent unserer Einnahmen „unterstützen“ fließen in 2023 gleich mehr als 900.000 € an die beiden „Verwandten“, zudem noch 28.000 € Gewerbesteuerumlage an den Bund. Dank einiger pulsierender Unternehmen stehen wir in Nievern im Gewerbesteueraufkommen eigentlich ganz gut da. Dafür „belohnt“ uns das Land mit der Streichung der Schlüsselzuweisung A, weil wir nach der Berechnung des neuen kommunalen Finanzausgleichs um rund 140,00 € (!) über dem so genannten Nivellierungssatz liegen und damit offensichtlich als „reich“ gelten. Das bedeutet 109.000 € weniger in der Kasse. Dafür kriegen wir als kleinen Ausgleich 22.500 € aus der Schlüsselzuweisung B.

 Wie bei allen steigen auch bei der Ortsgemeinde die Energiekosten für Strom und Gas, die mit rund 50.000 € und damit um 19.000 € höher zu Buche schlagen als im letzten Jahr. Hier sind wir dem SV Hertha als Pächter dankbar, der über ein Sportförderprogramm die Flutlichtanlage des Sportplatzes auf LED umstellen lassen will und hofft, in diesem Jahr zum Zuge zu kommen. Überhaupt sind es die Vereine, die wir gerne auch weiterhin unterstützen, aber auf deren Mithilfe wir beim sparsamen Umgang mit den Ressourcen angewiesen sind. Die Umstellung der kompletten Straßenbeleuchtung auf LED soll ebenfalls Kosten sparen. Mit der Einrichtung einer Energiekommission beobachten wir auch hier die Entwicklung, wollen Akzente beim Ausbau vorhandener Liegenschaften setzen,  aber auch zukunftsfähige und neue Wege gehen, über die sich vielleicht sogar Einnahmen für die Gemeinde generieren lassen.

 Erweiterung KiTa sorgt für finanzielle Belastung

 An der Erweiterung der Kindertagesstätte in Fachbach, die seit Beginn des neuen Jahres (endlich) auch technisch in (fast) allen Bereichen zu funktionieren scheint, sind wir mit einem Investitionskredit in Höhe von mehr als 930.000 € dabei, dessen „Abarbeitung“ in 2023 beginnt und den Haushalt (wie das Eigenkapital der Gemeinde) auf einige Zeit belasten wird.

 Auch die so genannten „Freiwilligen Ausgaben“, die man „oben“ – so zumindest der Anschein –gerne ganz abgeschafft sehen würde, die jedoch gerade das soziale Miteinander in einer Gemeinde fördern, sollen anteilig reduziert werden. So wurde der Ansatz für das Begrüßungsgeld der Ortsgemeinde an die im Vorjahr geborenen Neubürger, den Seniorenausflug, Martinsfeier, Kirmes u.a. von 8.000 € auf 5.000 € gesenkt. Hier soll – wie in anderen Bereichen (z.B. bei den Spielplätzen) auch – ggf. durch Spenden versucht werden, einen Ausgleich zu erzielen.

 Ausbau der Schiffergasse im Fokus

 An investiven Maßnahmen steht in diesem Jahr vor allem der Ausbau der Schiffergasse mit 119.000 € an, die in dieser Woche ausgeschrieben und deren Beginn ab Anfang Mai vorgesehen ist. Mit deren Abschluss können dann im nächsten Schritt die Planungen für die dringend notwendige Sanierung der Bahnhof,- Neu- und der Kirchstraße angestrebt werden. Ein neues Dorferneuerungskonzept soll aufgelegt und in diesem Jahr mit der Dorfmoderation begonnen werden. Hierfür sind 15.000 € veranschlagt, wovon rund 80 Prozent vom Land gefördert werden können. Außerdem steht der Glasfaserausbau durch die UGG voraussichtlich erst ab Mitte des Jahres an, was – sieht man die aktuellen Abläufe in anderen Gemeinden der VG – durchaus auch positiv zu bewerten ist. Für eine Sanierungsmaßnahme in der Alten Schule sind 10.000 € vorgesehen.

Ein großer Kostenfaktor ist wie immer der allgemeine bzw. sonstige Erhaltungsaufwand sowie die Ausgaben für Sach- und Dienstleistungen, die für die Unterhaltung der gemeindlichen Einrichtungen, Sportstätten, die Pflege der Spielplätze, Anlagen, den Friedhof usw. anfallen.  Auch hier wollen wir versuchen, rund 80.000 € gegenüber dem Ansatz des Vorjahres einzusparen, sehen uns aber „machtlos“, wenn z.B. – wie 2022 – fast 14.000 € für die Entfernung umsturzgefährdeter Bäume im Bereich des Schützenhauses geleistet werden müssen.

 „Keine Denkverbote“

 Ein Reizthema im Gemeinderat ist die jährlich sich wiederholende Forderung von Land und Aufsichtsbehörden, sich bei der Suche nach Einsparpotentialen und Möglichkeiten des Haushaltsausgleichs „keine Denkverbote“ aufzuerlegen. Das gleiche Denken und die Sorge um eine nachhaltige Finanzierung kommunaler Haushalte wie in Nievern oder anderen Gemeinden wünsche ich mir gerade von denen, die uns diese Botschaft immer wieder übermitteln.

So gelingt uns der Haushaltsausgleich tatsächlich nur deshalb, weil wir nach langen Jahren des Ringens die Kapitalisierung unseres Bürgerhauses und des gemeindeeigenen Wohnhauses in der Neustraße in die Waagschale werfen (müssen). Da wir wissen, dass gerade der Erhalt des Bürgerhauses als gastronomischer Treffpunkt, für Familienfeiern u.a. von Bedeutung ist, werden wir mit entsprechenden Überlegungen in mögliche Verkaufsverhandlungen treten. Wir sind uns aber auch im Klaren darüber, dass dies – wenn es denn gelingt – nur ein Einmaleffekt sein wird und nicht zu einer längerfristigen Verbesserung der Finanzlage führen wird. Dies gilt im Übrigen aber auch für die vermeintlich glücklichen Gemeinden, die am „Tropf des Entschuldungsfonds“ hängen und zukünftig die Notwendigkeit jeden Euros, den sie ausgeben wollen, belegen müssen.

 Jetzt bleibt es abzuwarten, ob auch die Kreisverwaltung als Aufsichtsbehörde die Anstrengungen des Nieverner Gemeinderates, den Haushalt 2023 auszugleichen, belohnt und die erforderliche Genehmigung erteilt.

 Nichts desto trotz stecken wir Nieverner nicht den Kopf in den Sand und arbeiten weiter an Lösungen. Nicht nur zur Verbesserung unseres Gemeindehaushalts, sondern auch zum Erhalt unserer guten Dorfgemeinschaft. Die Leistungen unserer Vereine, des Ortsrings, der Feuerwehr und das ehrenamtliche Engagement überhaupt sind ein gewaltiges „Pfund“ (auch als finanzielle Entlastung des „Gemeindesäckels“) und nicht hoch genug einzuschätzen.

 Hierfür erfahre ich sehr viel Lob, gerade von außerhalb unserer Gemeinde und darauf können wir stolz sein.

Euer

Lutz Zaun
Ortsbürgermeister